Arbeitsmarkt

Arbeitsmarktpolitik und Hartz IV: die Reform muss reformiert werden


Hartz IV hat die Republik und beinahe auch die SPD gespalten: derartig harte Einschnitte ins soziale Netz, durchgeführt von einer sozialdemokratischen Regierung, haben bei vielen Bürgerinnen und Bürgern das Vertrauen in unsere Partei erschüttert. Dass die jüngeren Wahl- und Umfrageergebnisse auch dafür die Quittung sind, dass kann und darf nicht geleugnet werden.

 

Teile der Hartz IV genannten Reform sind jedoch sinnvoll und richtig, das ist unbestreitbar, und in diesem Sinne war sie notwendig. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe öffnet tatsächlich vielen Menschen wieder die Tür zur Rückkehr in die Arbeitstätigkeit und kann somit dazu beitragen, zu verhindern, dass Familien über Generationen in der Sozialhilfe verbleiben. Und der Versuch, Missbrauch zu verhindern, ist angesichts der Finanzlage richtig und berechtigt.

 

Dennoch muss die Reform reformiert werden. Ein Beispiel für ihre schlecht durchdachten Teile sind die so genannten Ein-Euro-Jobs. Es ist schon jetzt offenkundig, dass ihre Beschreibung dem Missbrauch von Arbeitslosen als Super-Billig-Jobber Tür und Tor öffnet, und ebenso klar ist, dass aus kaum einem dieser Jobs je eine echte und echt bezahlte feste Arbeitsstelle entstehen wird – das ist ja durch die Unklarheit ihrer Beschreibung geradezu von vorneherein ausgeschlossen. Gut ist die Idee, dass arbeiten soll, wer arbeiten kann, und dass mithilfe der Ein-Euro-Jobs tatsächlich Arbeiten erledigt werden können, die notwendig sind, aber in keinem festen Stellenplan vorkommen.

Zu kritisieren ist auch, dass das Arbeitslosengeld 1 unabhängig von Alter und vorhergehender Berufstätigkeit der Arbeitslosen nur für ein Jahr gezahlt wird. Das ist eine Ungerechtigkeit, die den Betroffenen schwer zu vermitteln ist. Auch die Regelung der Zuverdienstmöglichkeiten halte ich für ungerecht und sperrig. Wenn man Menschen tatsächlich einen Wiedereinstieg in Berufstätigkeit ermöglichen will, müssen da flexiblere Regelungen her, die sich am tatsächlichen Unterstützungsbedarf und nicht an fixen Summen orientieren.

 

Arbeit ist ja ausreichend da – das zeigen ja gerade die Ein-Euro-Jobs. Diese Arbeit aber tatsächlich in sozialdemokratischem Sinne gerechter zu verteilen und angemessen zu bezahlen, würde das grundsätzliche Umdenken erfordern, dass ich mir für die Zukunft in und von unserer Partei wünsche, und ohne das meiner Ansicht nach unsere Arbeitsmarktprobleme sich langfristig nicht lösen lassen werden.

 

Wir haben jetzt die Chance dazu. Diejenigen, die nach Veränderungen, nach Reformen, nach einem Umbau des Sozialstaates rufen, haben Recht. Wir als Sozialdemokraten dürfen uns aber nicht dazu verleiten lassen, von unseren Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit, von Chancengleichheit, von einem Recht auf ein Leben in Würde und Respekt, in sozialer Sicherheit und persönlicher Freiheit, bis zur Unkenntlichkeit abzuweichen.